1.
Die Autobahn, auf der nachts, in der ersten Stunde des neuen Jahres, sechs Menschen ihr Leben verloren haben, ist noch immer gesperrt, sehe ich aus dem Zugfenster heraus.
Ich bin froh, der Stadt wieder entkommen zu sein, in der ich die letzten Tage verbracht habe. Bald spaziere ich einen Hügel hinauf, Sonne, Wiesen, Bergblick, das ganze Programm. Ein Schwenk bringt den Rückstau auf der Autobahn wieder ins Blickfeld. Auch andere Menschen zieht es an dem Nachmittag auf die schöne Höhe, man kommt ins Gespräch. Eine Freundin, so erzählt ein Paar, sei von der Gegenfahrbahn aus Zeugin des Unfalls geworden. Sie hat das Krachen gehört, wie sich die Fahrzeuge ineinander verkeilten, das Schreien der Menschen. Zitternd fuhr sie am nächsten Parkplatz ab, unfähig, ihre Fahrt fortzusetzen.
Kinder treten aus dem Wald und zu den Erwachsenen heran, Holz auf den Armen, um etwas zu basteln, zu bauen, ein Lächeln im Gesicht, ganz Unschuld. Sie sind eine Wette auf die Zukunft.
2.
Hier auf dem Land dreht man an Neujahr ganz leibhaftig seine Runde und wünscht den Nachbarn zu Kaffee, Bier, Likör oder unter verzweifelter Abwehr eben all dieser Angebote, jedenfalls allzeit viele Hände schüttelnd „A guats Nuis“.
Die Großmutter hat dazu eigens ihren besten Pullover angezogen und die feinen Gläser herausgestellt, von denen ich nicht einmal wusste, dass es sie gibt, und nebenbei wechseln Nachbarn, die sich die Klinke in die Hand drücken, den Preis für eine Ladung Holz oder die Kunde über ein Stück verkauftes Land. Archaische Riten und das Versprechen eines Morgen, das auf dem Gestern steht.
Ich habs ja bereits öfter kommentiert. Aber wahrscheinlich muss das noch öfter gesagt werden: Sie ziehen die trefflichen Formulierungen aus dem Holster wie Clint Eastwood den Revolver in Für ein paar Dollar mehr…
„Kinder […] ein Lächeln im Gesicht, ganz Unschuld. Sie sind eine Wette auf die Zukunft.“ Oder: „…das Versprechen eines Morgen, das auf dem Gestern steht.“
sind Kracher. Und die Fotografie hätte ich selber gerne aufgenommen.
Abendgruss mit den besten Wünschen für Ihr persönliches 2017er Jahr,
Herr Ärmel
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Wie schön Sie das sagen, lieber Herr Ärmel. (Ich werde es mir hinter die Ohren schreiben.) Ihnen ein kraft- und freudvolles neues Jahr!
Ihr Zeilentiger
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Herzlichen Dank, lieber Zeilentiger, für Ihren guten Wunsch…
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„Archaische Riten und das Versprechen eines Morgen, das auf dem Gestern steht.“ Das ist so eine wunderbare Formulierung und haltung, wie ich sie bei dir liebe- auf den Punkt gebracht sozusagen …
Das neue Jahr hat nicht für alle gut angefangen, nein, denke wir an diese und dann kommen wir zurück und leben unser Leben, so gut wir es vermögen.
Ich grüsse dich von Herzen
Ulli
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Das Leben, trotz allem, ist wichtig, da stimme ich dir zu. Danke dir für deine Worte!
Herzliche Grüße ins neue Jahr
Holger
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Die Zählung der Menschenzeit hat ja nicht viel zu bedeuten, und doch fühlt es sich seltsam an, wenn ein Jahr mit so einem Unglück beginnt. (Ach, zu vielen.)
Ich wünsche Ihnen, Herr Zeilentiger, daß Ihnen die Aus-, die Einsichten und die Worte dafür nicht ausgehen, auch nicht dieses Jahr. Gute Wege allezeit!
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Ja, zu vielen … Danke sehr, liebe Frau Lakritze, für Ihre guten Wünsche. Auch Ihnen gute Wege – besser lässt es sich wohl nicht ausdrücken!
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Beautiful. Thanks. ~Debbie
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Dear Debbie, many thanks for your kind commentary.
Holger
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You got it Holger! Blessings to meet you.
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