Meldungen aus der Horizontalen

Heute Nacht bin ich auf einem Flachdach Trump begegnet. Nach kurzem Zögern habe ich mich dann doch entschieden, höflich zu bleiben. „Hello Mr. President“, drückte ich ihm die Hand. Schwieriger war dann, sich von der Entourage wieder abzuseilen. Die wollte mich nicht mehr gehen lassen.

„Bouvier ist ein Gott, ein trunkener Gott“, ist da notiert zwischen Zetteln mit Zitaten von Thoreau, Peter Kurzeck und Hans Hoischen, zwischen Traumnotizen und eigenen Sätzen, zwischen einer hingekritzelten Skizze des Sohns eines Cousins, als sie zu Besuch hier waren, und dem frischesten Eindruck, dem Ausklang des ersten Kapitels von „Ehen in Philippsburg“, Martin Walsers Romandebüt – einer Szene des städtischen Nachtlebens, die so dicht ist, dass ich sie gerne über ein soziales Medium geteilt hätte, wäre damit nicht einhergegangen, eine ganze Seite abzutippen in das Smartphone, mit dem Zeige- und gelegentlich Mittelfinger, so wie es die ältere Generation gerne macht, und nicht mehr mit dem Daumen, seit die Sehnen an ihm nämlich, vom Touchpad geschädigt, gewissermaßen digital degeneriert, dauerhaft zu schmerzen begonnen haben. Und so wandert nur wieder ein handschriftlicher Verweis auf die Zettelschar des Nachtkästchens

Eine Fliege wirft sich gegen die Zimmerdecke, draußen ist die Nachtluft verständnislos kühl.

Bach_Hausbach_Allgäu_Westallgäu

4 Gedanken zu „Meldungen aus der Horizontalen

  1. kaetheknobloch

    Die Entscheidung, höflich zu bleiben, ist eine bonfortionöse, mein lieber Zeilentiger. Auch wenn sich eine Pöbeley die Kehle hochknurrt. Oder gerade dann.

    Und mit Ihrer Formulierung der verständnislos kühlen Nachtluft zimmern Sie mir gerade beachtliche Denknägel in die Hirnschale! Was für ein Bild, was mit intensiver Schlichtheit so manche Nachtsituation beschreibt. Wie oft schon erschien die Welt und ich als winziger Mittelpunkt jäh heiß lodernd und die Nachtluft zeigte sich kaltschulterig und lupfte nur kurz die Mondenstola… ach und hach.

    Ihnen nochmals die herzlichsten Grüße mit wieder Vertikalathmung (was ich auch Ihnen wünsche, die Meldungen aus der Horizontalen ließen die Denkapparatur kurz stocken!) und alles Gute, Ihre Käthe Knobloch, kurz vor Stiefelschnürung zum Loslaufen.

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    1. zeilentiger Autor

      Wie schön, von Ihnen so munter zu hören, liebe Frau Knobloch, und schön auch, dass Sie am Stiefelschnüren waren kurz vor dem Loslaufen!

      Ihrer Bestärkung, höflich zu bleiben, freut mich, denn da fühle ich mich Ihnen ganz geistesverwandt. Bleiben wir dem treu!

      Ach, und die verständnislos kühle Nachtluft, diese Formulierung war dem genannten Buch von Martin Walser entnommen.

      Herzlichst, Ihr Zeilentiger

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  2. Lakritze

    Bei mir hat es das Oxymoron in Orange, President Trump, auch schon in die Träume geschafft. Als Auftakt einer nächtlichen Übelkeit.
    Zu Bouvier: das, und ein federleichter Asket dazu.

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