Archiv für den Monat Februar 2020

Flug durch Gewitterwolken

Verfüge ganz über deine Stunde, sagte sie, und ich weiß nicht, was zu tun. Denn nichts von dem, was ich eigentlich so gern getan hätte in meinem Freiraum, hat irgendeine Bedeutung – seines Sinns entkleidet, zernichtet von Müdigkeit. Dann reicht es immerhin noch dafür, ein paar Stücke von Kenny Wheeler anzuhören. Es rührt mich, welch weichen Klang er dem Blech entlockt. Meine Augen nässen sich. Das passiert mir schnell bei Musik, mir ist es unangenehm, vor Zeugen allemal, ich sollte das gar nicht erst erwähnen. Ich könnte die Trompete wieder einmal herausnehmen, denke ich mir, aber ich müsste ganz unten anfangen. Einen Ton halten, einfach nur halten. Statt brüchig zu zittern um die gedachte Tonhöhe herum, zu flattern wie ein Jungvogel bei seinen ersten Flugversuchen.

Aber der hat noch Kraft.

Ist so zielstrebig, so unermüdlich, so unfassbar gierig in seiner Weltaneignung. Wie das Kind, das lernt und lernt und abends dann nicht mehr einzuschlafen weiß, weil es so übervoll ist, weil in den neu geschaffenen Nervenbahnen womöglich Gewitter wüten, als sei das Loslassen körperlicher Schmerz, Kind, wie du dich wehrst so voll von Welt und Selbsterfahrung.

Ich will nur sinken, sinken, sinken.

Mehr Licht

… und dann war es der lichteste Tag des Jahres, alles erstrahlte in unbegreiflicher Klarheit, schon morgens in der eiskalten Luft war das abzusehen, die Alpengipfel zeichneten sich scharf gegen den Himmel ab, und später alles voll des Lichts, als sei die Welt in Licht neugeboren an diesem Februartag, nachdem doch bereits der Januar den heimischen Photovoltaikanlagen Rekordwerte eingebracht hatte, Kilowattstunden wie ein Sommermonat, erzählte auf der Mittagsrunde ein väterlicher Kollege.

Selbst die Klammer des Kopfschmerzes, die so viele im Griff hatte an diesem strahlenden Tag – bald schon wieder Vollmond, haben wir etwa Föhn, ach den Nacken verlegen – lockerte sich. Da befreite aber auch das offene Gespräch, das An- und Aussprechen in dem kurzerhand vorgeschlagenen Termin, An- und Aussprechen ja sowieso immer empfehlenswert, nichts hilft uns weiter als Klarheit in der Kommunikation, klar wie dieser Tag.

Und das Licht ist selbst im Sinken der Sonne noch Fülle.