Sinus

Den Tag über gehen, keine Straße, keine Siedlung, nur die eigenen Schritte. Gehen im Licht, auf Stein, über Wurzeln, die Aufmerksamkeit auf jeden Tritt gerichtet. Den Tag über gehen, bis die Muskeln schmerzen, und aus Quellbächen trinken, einfach den Durst löschen mit dem, was da aus dem Felsen fließt als ein Geschenk.

*

Ob Tanken bei Gewitter gefährlich ist, frage ich mich. Der Wind reißt an den kurzen Hemdsärmeln, ich finde keine Antwort. Spurensuche nach einem bestimmten musikalischen Genre aus einer gewissen Lebensphase. Im Subway hatte ich damals dazu getanzt und zuhause Radiosessions auf Kassette aufgenommen. Auf dem Videoportal höre ich mich durch R’n’B, R’n’B in allen möglichen Kombinationen, House, Deep House, lande irgendwie beim Trip Hop. Aber eine Antwort finde ich nicht. Der Tribut an die Herrin des Turms lässt die Hand sinken, irgendwann spüre ich die Folie eines Riegels zwischen den Fingern nicht mehr. Danke, den Weg ins Bett immerhin finde ich selbst. Am Horizont die rote Sichel des Mondes.

*

In einem Zwischenreich, einem zeitbefreiten Irgendwo zwischen Sport und Arbeit, einen Kaffee neben mir. Möchte hier bleiben, aber irgendwann muss ich hier raus und dann schnellt die Zeit zurück und rächt sich für den billigen Traum eines Feenreiches an der Autobahn. Es ruft also: die nächste Tat.

Arabisch_Essen_Vorspeisen

20 Gedanken zu „Sinus

      1. mickzwo

        Ob auf Zeilen oder auf Wanderwegen, zu viel oder zu wenig „getigert“: Diese Einlassungen zu lesen ist schon eine Bereicherung.
        Liebe Grüße, mick.

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  1. wolkenbeobachterin

    Wandern, das möchte ich auch. Spazieren gehen ist die kleine Schwester davon, die nehme ich fast täglich an die Hand. Ein ruhiges, gemächliches Wandern hier mit Dir und am Ende ein köstliches Mahl und erholsamer Schlaf. Mehr muss nicht sein, oder? Ich wünsche Dir ein erholsames Wochenende.

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    1. zeilentiger Autor

      Schön, dass du die kleine Schwester so schätzt, liebe Wolkenbeobachterin. Wanderungen wie die oben angerissene habe ich auch nicht oft – wie der Zivilisation enthoben. Sie sind mir aber besonders teuer. Einen schönen Sonntag dir!

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  2. Herr Ärmel

    Es sind gerade diese Entdeckungen beim Gehen. Die Wahrnehmungen, die in Assoziationen ganz anderer Art münden. Immer wenn die Aufmerksamkeit geht, steigen diese ablenkenden Fragen auf.
    Dann möchte man das Mantra von Nietzsche („Trau´ keinem Gedanken, der Dir nicht beim Gehen kommt“) erweitern : Befrage gerade die Gedanken, die Dir beim Gehen besonders genau. Halte ein bei der Bank am Wegesrand und betrachte jede Facette des Gedankens. Warum gerade dieser und warum gerade jetzt in diesem Moment. Ist er mir eigen und zugehörig oder blosse Ablenkung vom Weg?

    Ich liebe diese Erlebnisse beim Gehen.
    Oooh – ich wollte Sie nicht ablenken. Lediglich danken will ich Ihnen für diese Denkanregung.
    Herzliche Grüsse aus dem durchwachsenhimmlischen Bembelland,
    Ihr Herr Ärmel

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  3. mickzwo

    Was der Herr Ärmel hier schreibt trifft es m.E. ganz gut. Zumindest will ich mich dem anschließen. LG, mick. (Bis auf das Bembelland – versteht sich.)

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      1. mickzwo

        Es beruhigt mich, wenn Sie beruhigt sind. Schließlich weiß ich was es bedeutet, wenn man eine Heimat hat! Und die Ihre ist zweifellos schön (Sie werden es schon wissen – Sie kommen von dort).
        Sie ist nur nicht meine ;- )
        Viele Grüße, Ihr mick.

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  4. Lakritze

    Lauter Jas und Schöns; und dann aber eine Quelle aus dem Felsen: diese Art Freigiebigkeit haben die Hügel hier nicht, die spenden neben Erfrischung immer auch Nitrat, und das ist herzzerreißend schade.

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    1. zeilentiger Autor

      Oh, habe ich auf Ihren Kommentar noch gar nicht geantwortet? Verzeihung. Ich kann mich an Ihr Bedauern nur anschließen, denn um den Wohnsitz herum nur überdüngte Wiesen in Einheitsfarbe – von wegen schönes Allgäu, das ist Monokultur in Reinform. Für diese klaren Quellen muss man schon eine kleine Reise tun und emporsteigen, emporsteigen … Ja, das ist herzzerreißend schade.

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