Die Künstlerin am Piano dreht sich dem Publikum zu. „Ich bin ja Grazerin. Und wie nennen Sie sich? Wangerianer?“
„Wangener!“
„Wie, Wan-gener?“
„Nein, Wang-ener!“
„Und was ist hier die nächste größere Stadt?“
Gelächter. Die Musikerin nimmt einen zweiten Anlauf.
„Ist das Schwaben hier?“
„Ja!“ – „Nein!“
Um die Angelegenheit nicht in die Länge zu ziehen, einigt sich das Publikum über ein paar weitere Zwischenrufe auf „Allgäu“.
„Und wohin orientiert man sich hier eher, nach Stuttgart oder München?“
„Stuttgart!“ – „München!“
Konfusion.
„Kommt darauf an. Die Grenze ist nah“, versucht mein Sitznachbar zu klären.
Das Gesicht der Künstlerin hellt sich auf.
„Die nach Österreich?“
„Überall hin“, sage ich.
Das ist ja das Reizvolle. Nichts ganz, immer Möglichkeit. Wer sich hier nicht nach außen verschließt – auch die gibt es, nicht wenige –, ist Brückenbauer. Belächelt von außen und auch von innen, aber was kümmert das die Brücke.
Humor entsteht, wenn Melancholie ironisch gebrochen wird. Und das Publikum lacht viel. Die zarte Frau hat es im Griff. Singt Susana Sawoff, wird ihre Stimme fester und voluminöser. Die Ironie färbt sich in eine Lust an der Verspieltheit. Die Ballade, die zum Disco-Hit, die Ballade, die zum Swing wurde, Anleihen bei Nina Simone und Gospel, Bassist und Schlagzeuger steuern Backing vocals bei. Bei der jazzigen Interpretation eines Stücks von Jeff Buckley glüht der Körper kalt auf in Gänsehaut. Ich schließe die Augen.
„So, und jetzt gehen wir ins Wasser“, witzelt der Nachbar, als auch die zweite Zugabe beendet ist. Es dauert einen Augenblick, bis ich begreife. „Ach, das reicht auch noch das nächste Mal“, antworte ich und wir lachen in Lebenslust.