Dieses charakteristische Klopfen, mit dem der Siebträger geleert wird, das Mahlen der Bohnen, ein sattes Klacken aus dem Handgelenk heraus, dann zischt die Maschine sanft und ein winziger, konzentrierter Schluck Espresso schäumt in die Tasse. So mag ich meinen Kaffee, jeder andere zählt im Grunde nicht.
Die Plätze draußen sind alle besetzt. Am Tisch vor dem Fenster sitzen drei nicht mehr junge Frauen mit langem blonden Haar und einem Oberklassenchic, der dem Ideal der Landeshauptstadt nacheifert. Gegenüber ein paar sehr männliche Männer mit Bärten und Sonnenbrillen, hörte man die Männer nicht, wüsste man nicht, sind es dunkle Italiener oder modische Araber. Dort die hübsche, auf natürliche Weise faltig gewordene Ökofrau mit dem sanften Blick, über den sich ihre Lider schließen, als sich das Gesicht der Sonne entgegenstreckt. Junge Menschen in Funktionsjacken, bereit für jedes Wetter, jeden Berg. Rentner, als junge Männer über die Alpen nach Norden gezogen, in geplusterten Jacken, die es erlauben, lange im Wind zu sitzen, sitzen und reden und sitzen und reden und immer wieder Hände schütteln, wenn sich etwas an der Zusammenstellung der Runde ändert.
Ein Mann mit dunklen Locken – offenes Hemd, Bart, Rundglasbrille – und einem breiten Lächeln über dem Revolutions-T-Shirt umarmt die blonde Schickeria, grüßt mit einem „Griaß di“ und Handschlag die eben noch italienisch sprechenden bärtigen Männer. Eine Familie aus dem österreichischen Vorarlberg auf einem Tagesausflug – es muss ja nicht jedes Mal Bregenz sein -, nun ein Büromensch in rosafarbenem Hemd bei seiner täglichen Kaffeepause, dann … Ach, was will ich da noch aufzählen, Menschen eben sind es, die hier den vielleicht besten Kaffee der Stadt und darüber hinaus genießen, in diesem kleinen Café mit seinem dunklen Holz, den Süßigkeiten, seinen Baristakursen, dem Lächeln hinter der Theke.
Draußen fliegen Spatzen tief über das Pflaster auf der Jagd nach Krümeln, segeln um wandernde Schienbeine, umkurven ruhende Waden, Teil des kleinen Glücks.
Beobachtungsgabe: Note eins. Dazu kommt, wahrscheinlich der diskrete Blick plus alles dermaßen passend in Worte fassen zu können, ich fass es kaum. Selten so eine klassische Kopfkinohervorrufung gelesen! Bravo, da kommt kein Ortheil ran…
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Ich habe auf deinen Kommentar wirklich noch nicht geantwortet? Das nenne ich Bloggerkrise. – Vielen Dank, ich habe sehr gegrinst, als ich deine Worte las. Trotzdem ein bisschen Gegenrede: Das ist ja nur Beobachtung, das ist relativ einfach. Wirklich interessant wird es, wenn Vorstellungskraft und psychologische Einfühlung die Beobachtungen weitertreiben, dann wird es Literatur. Aber was sage ich: Ich grinse ja immer noch.
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Ihre Beobachtungsgabe ist die eines wahren Sehmannes. Und die gradlinige Beschreibung einen Kaffee lang: respektvoll und liebenswürdig. Ihr Bericht ist ein Beispiel empfehlenswerten Bloggens.
Samstagsmittagssonnige Grüsse,
Herr Ärmel
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Ihr wohlwollendes Urteil freut mich wirklich sehr. Und ich hoffe, dass auch andere es wahrnehmen, was Sie so schön als „respektvoll und liebenswürdig“ bezeichnen. Feiertagsmorgengrüße zwischen Dunst und Sonne.
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