Der Wind heute wieder aus Ost, frisch, aber nicht mehr eisig. In den Lärchen raschelt es, als steige ein großes Tier durch die Bäume, ein Geist des Waldes vielleicht. Unter den Füßen knirschen die gespreizten Fichtenzapfen, sie flüstern von Feuer und Glut. Ein Holunderbusch zeigt eine erste Ahnung von Blattansatz, spielt den Herold der kommenden Wochen. Am Himmel die euklidische Geometrie eines Milans, unten die ausschwärmenden Bienen, ihr Summen übertönt das Rauschen in den Zweigen, und lautlos zwei Zitronenfalter zwischen ihnen, Blüten gleich in diesem Tanz.
Nur ich bin Mensch an diesem Waldrand. Wenn ich weitergehe, wird Covid-19 hier kein Begriff sein, und schon jetzt ist die Welle der Angst – das Ranking nationaler Infiziertenraten, die Katastrophensucht der Live-Blogs auf den Zeitungsseiten, das digitale Trommelfeuer – etwas Unwirkliches, Blasses irgendwo jenseits der Hügel.
Ja.Es gibt diese Momente oder Stunden, in denen der Irrsi nn vergessen ist, um sich dann mit einem „jetzt hatte ich Corona ganz vergessen“ zurückzumelden.
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Es sind kostbare Stunden, ja.
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Lieber Zeilentiger,
ähnliches erlebten wir heute im stillen Wandern. Doch unsere Furcht galt plötzlich ganz anderen. Zu trocken, dieser März, der April bisher ebenso. Keine Weinbergschnecken zu sehen, wir talten uns extra tief hinab.
Zeitchen später haben wir den heimischen Garten lange bewässert. Aus eigenem Brunnen zum Glück. Möge es unseren überwinterten Schnecken wohl ergehen. Wir sahen bislang nur zweie von vielen.
Ein stilles Weitergehen wünsche ich Ihnen und den Ihren Lieben.
Herzliche Grüße aus dem Zwostromland, Ihre Frau Knobloch.
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Liebe Frau Knobloch, wie schön, von Ihnen Zeilen zu erhalten! Da kann ich Ihnen nur zustimmen. Es ist zu trocken, auch hier.
Das, was ich in meinem kleinen Text als Gegenentwurf beschrieben habe, ließe sich leicht als Idylle begreifen. Aber das ist es nicht. Die Region, in der ich lebe, ist ihrer Landschaft wegen beliebt bei Touristen und auch ich mag sie – und doch ist diese leichtfertig gepriesene Landschaft zu erheblichen Teilen eine Monokultur, eine grüne Wüste, die immer mehr an Arten verarmt.
Wir Menschen üben uns in Massenvernichtung.
Nichtsdestotrotz wünsche ich Ihnen freudereiche Tage im Zweistromland und grüße Sie und Ihren Begleiter sehr herzlich
Ihr Zeilentigerschreiber
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Lieber Zeilentiger,
viele ehemals großflächig benamte Idyllen sind durch Menschenhand verarmt. Hier im fruchtbaren Zweistromland ist es der Großbauer, der seit Jahren erfolgreich auf Rollrasen setzt, ein anderer, der für seine Biogasanlagen in Monokultur die Vielfalt vergißt…, ach und ach.
Doch kein Klagen hilft uns weiter. Beobachtungen und Wahrnehmungen wie Ihr stilles Schreiten müssen wir teilen und dadurch bewahren. Und wer kann, der muß nun unbedingt seine eigene Parzelle beleben. Es ist die höchste aller Zeiten.
Herzliche Grüße und schön, Sie zu lesen.
Ihre Frau Knobloch, auch zeitchenspäter noch immer zugetan.
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Liebe Frau Knobloch, ich kann Ihnen nur zustimmen in allen Dingen.
Bleiben Sie frohgemut!
Ihr Zeilentiger
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Sie auch, lieber Zeilentiger. Und alle Ihre Lieben~~~
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Auch hier dreht sich, obwohl mitten in der Stadt, nicht alles um Corona.Wenn ich daheim bin, entscheide ich selber, was ich an mich ranlasse. Und wenn ich, weil ich vom Arbeitgeber zum Hausarrest verdonnert werde, daheim bin, kann ich über Japan lesen (da wollte ich gewesen sein, aber nu ist halt nicht), ich kann mir Katzenvideos anschauen, ich kann selber kochen … es gibt Sachen außerhalb von „Maskenherstellungsvideos“, Liveblogs oder Nachrichtensendungen.
Doch manchmal, ganz selten zwar, aber manchmal … gibt es doch etwas Corona-bezogenes, wo ich „Karma!“ sage … und schiele dabei in das Land, das gerade die EU verlassen hat.
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Das freut mich, dass du so mutvoll und konstruktiv deine Tage gestaltest! Möge dir viel Gutes daraus erwachsen. Herzliche Grüße nach Hannover.
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Lieber Zeilentiger, Ihr kleine Skizze ist gross. Beim Lesen innehalten, einatmen. Ihr Bild geniessen und dennoch : es will sich kein harmonisch trauliches Bild einstellen. Wir Menschen sind, wo wir hingehen oder eingreifen, allenfalls Zerstörer. Wir wissen nichts mehr von den Geheimnissen hinter den sichtbaren Prozessen in der Natur. Und nur deshalb, weil unsere Spezies sich aufmachte, um alles zu wissen. Wir haben damit eine Zerstörung ungeahnten Ausmasses ausgelöst.
Zum Glück gibt es aber Menschen, die sich um Alternativen Gedanken machen und versuchen, verantwortungsbewusst mit unserer Umwelt umzugehen.
Ich danke Ihnen für Ihren Bericht und sende herzliche grüsse.
Bleiben Sie gesund.
Ihr Herr Ärmel
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Lieber Herr Ärmel, da kann ich Ihnen nur danken für Ihre feinen Worte.
Herzliche Grüße zurück an den großen Fluss!
Ihr Zeilentigerschreiber
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