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Leipzig, abends

„Ich habe noch eine Fälschung bestellt“, sagte er, als wir die Holztreppe hinunterstiegen. „Einen impressionistischen Akt. Der feine Hals, den ich so reizvoll finde, ist aber nicht gut getroffen, das nimmt den ganzen Zauber.“ Fünf Stockwerke gehen wir über saubere, alte Holzstufen hinab, anschließend durch einen Park hindurch, den ein Industrieller für seine Tochter angelegt hatte. Was für eine Zeit, in der eine Privatperson so etwas tun konnte.

Wir suchen eine Gelegenheit zu essen. Bunte Lichter in Hahnenkörben versprechen die Leichtigkeit Balis; im thailändischen Tuk Tuk versinkt die Hoffnung auf Gewürze in goldenem Kitsch; das Beirut ein enger Raum mit Spielautomaten und verlockenden Tellern voller Vorspeisen; dann endlich finden wir Platz in einem japanischen Restaurant. Hier ist kein Raum für Spiel. Alles ist Ordnung, ist strenge Geometrie aus Schwarz und Rot.

Mi-fune, „Drei Schiffe“, bestellen wir und Gemüse-Gyoza, asiatische Maultaschen, der Agedashi ist fritierter Tofu in gebundener Algenbrühe, sämig und mit Sesamöl, ich löffel sie bis auf den Grund aus, die anderen mögen sie nicht, dafür ist die klare Suppe nicht meins. Sie ist fürchterlich klar. Lieber trinke ich ein Glas Wasser.

Dann ein Konzert in einer Kirche, Schallplatten, Wein, Lockung der Nacht.

Leipzig Süd

Der Guss der Milch aus dem Gelenk der beringten Hand in das Rund der Kaffeetasse.

Buchweizentarte auf weißem Marmor, der Espresso Perfektion in der angemessenen Schlichtheit seiner Tasse. Tulsi-Kräutertee und Eisenkraut, beides duftend, im einen Kännchen senkt sich das Teesieb nicht ganz, im anderen das Kraut nicht, das an der Oberfläche schwimmt, bis der Löffel es hineintunkt ins heiße Wasser.

Cafés als Ruhepole, in denen es mir gelingt, was sonst schwierig: zweckfrei nichts zu tun und mich selbst dabei zu ertragen.

Blauer Glanz der Dämmerung.