Der magere Fensterputzer und die ältliche Türkin scherzen über ihre Motorhaube. Die Farbe weicht von der des Autos ab. Eine Reparatur, versucht die Frau zu erklären, aber Deutsch kann sie nicht wirklich. Sie lachen trotzdem beide.
Im türkischen Supermarkt finde ich, was ich nicht auf dem Wochenmarkt, nicht im Bioladen, nicht im Asienladen mit dem schroffen Besitzer und seiner Thai-Frau, die nichts anderes als „bye-bye“ zu jedem Besucher sagt und damit das Abweisende des Mannes und des Ladens auf bedrückende Weise wiedergutzumachen versucht. Hier, in dem türkischen Supermarkt, finde ich also Chilis, ganze Bündel von Chilis, und sie sind nicht einmal aus Kenia oder Thailand importiert, sondern aus Italien, und natürlich den großen Becher Gazi-Joghurt mit dem gelben Deckel, einen stichfesten Joghurt, für den ich bisher kein entsprechendes Bio-Produkt gefunden habe. Nach mir ein Mann, dessen Einkauf am Samstagvormittag aus drei Fläschchen Jägermeister besteht. Meine Heiterkeit weicht einer Trauer.
Auf dem Rasen des Wohnblocks zieht einer am Seil ein Vogelhäuschen in den Regen hoch. Der Gesichtsausdruck des Mannes ist so hart, er könnte auch den Galgen für ein Lynchgericht vorbereiten irgendwo in Wildwest. Ich packe meine Einkäufe zu den anderen und verlasse die Stadt.
Zu Beginn dieser Einkaufsstory wird gelacht, am Ende steht die Hoffnung. Dazu fabuliere ich mir eine einsame Hütte an einem steinreichen Bach im hohen Bergtal, ohne Käserei nebenan.-
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Das ist schön fabuliert, aber dorthin müsste ich mich auch träumen. Um mich nur Hügel mit Bergblick – nicht die Berge selbst.
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Städte zu verlassen, hat in diesen Zeiten fast schon eine diätetische Funktion. Wie zum Beispiel kriegt man ein morgendliches Menschenbild mit drei Schnäpsen in den dürren Fingern wieder von der Projektionsfläche der Seele. (Ich wünsche mir, dass sich fürderhin meine Vorurteile in der Realität weniger bestätigen werden)
Ich danke Ihnen für diese Skizze und füge herzliche Grüsse bei,
Ihr Herr Ärmel
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Danke Ihnen, lieber Herr Ärmel. Und doch bietet der Lebensraum Stadt gleichzeitig manches, was ich vermisse. Wir haben uns über diese Dichotomie aber ja auch schon unterhalten. Mir gefällt am besten der Kontrast im Wechsel von beidem.
Kommen Sie wohlbehalten in das neue Jahr!
Ihr Zeilentiger
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Auch Ihnen, lieber Zeilentiger, wünsche ich guten Mut (Gutmütigkeit) in diesem Jahr. Schwermut nutzt den falschen Parteien jeglicher Art.
Natürlich kommen wir ohne gewisse infrastrukturelle Einrichtungen in den Städten nicht aus. Am Ende kommt es darauf an, das richtige Maass zu halten.
Ganz herzliche Grüsse,
Ihr Herr Ärmel
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Ja, das richtige Maß … Lieber Herr Ärmel, auch Ihnen ein heiteres und glückreiches neues Jahr!
Seien Sie herzlich gegrüßt
Ihr Zeilentiger
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