Noch nicht einmal angefangen, muss ich mich schon erklären: Mir geht es nicht um den echten oder Wiesenkümmel, den ich nicht besonders schätze, und erst recht nicht um einen Schnaps, den ich noch viel weniger leiden mag, sondern um den Kreuzkümmel. Den liebe ich außerordentlich. Daran ist schon zu erkennen, wie gefährlich es ist, beide Gewürze zu verwechseln oder durch nachlässigen Sprachgebrauch auch nur Raum zu öffnen für eine Verwechslung durch Dritte – ein Verhalten, das regelmäßig meine Entrüstung zur Folge hat. Und trotzdem mache ich genau das hier. Kümmel passt einfach besser in den Rhythmus der Überschrift.
Seit Wochen also ist kein Bio-Kreuzkümmel mehr zu bekommen, nicht von Lebensbaum, nicht von Sonnentor, auch nicht von Brecht im Reformhaus, wohin ich mich selten verirre. Ich rüste mich, möglichen Mehrfachrückständen von Pestiziden zum Trotz, konventionell angebauten Kreuzkümmel zu kaufen, allein, auch daran scheitere ich kläglich. Der Asiashop hat den ganzen Monat über geschlossen, das Besitzerpaar wohl in Thailand, einen indischen Lebensmittelhändler, wie ich ihn in Stuttgart gerne besucht habe, gibt es in der Provinzstadt nicht, und für den türkischen Supermarkt habe ich keine Zeit mehr. Meine Unruhe wächst. Mangelangst, Verknappungsnot, Belagerungsmentalität.
Ich erzähle vom Kreuzkümmel, um nicht vom Coronavirus zu schreiben. Der mit dem Erreger verbundenen Überrepräsentanz in unseren Medien und unseren Köpfen will ich nämlich keinen Vorschub leisten oder anders gesagt, mich nicht auch noch der Maschinerie der Angst in die Arme werfen. Was ja nicht heißen soll, dass der Virus harmlos wäre, nein. Aber …
Ach, ich wollte doch genau das nicht tun. Seit heute jedenfalls kenne ich Menschen, die sich deswegen in häuslicher Quarantäne befinden. Man darf gespannt sein.
Kreuzkümmel habe ich dann doch noch gefunden. Bio, ganzer Samen, online bestellt, meiner Frau sei Dank.